Machst du Urlaub oder bist du auf Reisen?

Ist das eine mehr wert als das andere?

„Und was machst du so? Bist du auf Reisen oder machst du nur Urlaub?“ Diese Frage wurde mir neulich auf meiner Asienreise öfter gestellt. Beim ersten Mal war ich noch etwas konsterniert und wusste erst gar nicht genau was mein Gegenüber meinte. Denn wir beide, die wir hier sitzen und uns unterhalten, sind doch beide auf einer Reise und machen Urlaub. Sind beide nur Gast in diesem Land und wollen uns Malaysia anschauen. „I’m on vacation. Why do you ask? “ sagte ich. Es stellte sich heraus, dass mein Gesprächspartner gerade nichts macht außer reisen. Er hat keine Wohnung, keinen Job und reist einfach durch die Welt, bis ihm das Geld ausgeht. Da wurde mir schnell klar, was er meinte.

Strand Borneo

Ähnliches passierte später in einem Hostelzimmer. Eine junge Frau kam zu später Stunde noch an und erzählte, sie sei gerade aus Brunei gekommen. Viele der andern Mädels interessierten sich für ihre Route und über kurz oder lang kam dann auch die Frage „are you traveling?“. Tat sie. Und zwar 6 Monate durch Asien. Und sie erzählte dann ein wenig von ihrer Tour und was sie so erlebt hat. Was am Ende klar wurde: die Bewunderung für jemanden ist umso größer, je länger der/diejenige unterwegs ist. Es wird unterschieden, ob jemand monatelang oder (in der Idealvorstellung ein Jahr) nur für zwei Wochen verreist. Nun muss ich dazu sagen, dass die Personen, die dieses Thema angesprochen haben, alle so um Anfang-Mitte 20 bis vielleicht Ende 20 Jahre alt waren. Klassisches Gap Year zwischen 2 Lebensphasen. Da ist es eben gerade ziemlich angesehen, längere Zeit zu „reisen“.

Die Reaktion auf meine Antwort, dass ich 2 Wochen Urlaub in Asien mache und danach wieder meinem festen Job nachgehe, fiel da fast schon mitleidig aus. Ich fühlte mich bisweilen wie eine Außenseiterin. Und das ärgerte mich natürlich. Wieso wird zwischen „reisen“ und „Urlaub“ unterschieden? Am Ende ist es doch egal wie lange jemand unterwegs ist. Nicht jeder hat die Möglichkeit 4 Wochen oder gar ein halbes Jahr weg und unterwegs zu sein. Und trotzdem machen sich sowohl die Langzeitreisenden als auch die Urlauber*innen auf ähnliche Routen und schauen sich oft ähnliche Sehenswürdigkeiten an. Zumindest dann, wenn man nicht nur 2 Wochen irgendwo am Strand liegt.

Ich bin (natürlich) ein Fan davon, dass sich jemand für das Reisen entscheidet und die Welt entdecken will. Aber ich verstehe nicht, dass jemand einen anderen Menschen fast schon vorverurteilt, weil er ein „geregelteres“ Leben hat. Wenn jemand sich entscheidet sich zwei Wochen an einen Strand zu legen und nichts von seinem Urlaubsland zu sehen, ist das zwar schade, aber eben seine/ihre Entscheidung. Es gibt genug Gründe, warum es auch mal wunderbar ist, dass man einfach ausspannen will. Jeder hat da ja so seine eigene Art und Weise Urlaub zu machen. Deswegen ist die Person nicht weniger wert als jemand, der lange Zeit herumreist.

Lustigerweise fragte mich eine ältere Dame in eine, Hawker Center in Singapur, zu der ich mich setzte, „are you on vacation or do you live here?“ Bist du im Urlaub oder lebst du hier? Sie fragte mich wie mir Singapur gefiele, woher ich käme und was ich schon alles an singaporeanischen Gerichten probiert hätte. Sie freute sich einfach sehr, dass ich ihr Land besuchte und wünschte mir am Ende noch einen schönen Urlaub. Das war ein wunderbarer Smalltalk, der ganz entspannt war und bei dem es keinerlei Rechtfertigung bedarf.

Ich denke es geht bei diesen Fragen (mal von der singapurischen Dame abgesehen) darum, dass es einfach in ist eine Zeit lang frei zu sein, zu reisen und keine Verpflichtungen zu haben. Nicht umsonst wollen auch viele ein Sabbatical, eine berufliche Auszeit nehmen und etwas anderes machen als arbeiten. Und längere Zeit zu reisen ist in den Augen vieler Menschen aktuell ein erstrebenswertes Ziel. Über die Freiheit beim Reisen habe ich schon einmal geschrieben (hier geht es zum Artikel), ich kann das schon nachvollziehen. Keinen Job zu haben und um die Welt zu reisen ist aktuell angesehener, als einen Job zuhaben und „nur“ Urlaub zu machen.

Aber dass so kompromisslos zwischen Reisen und Urlaub unterschieden wird, war mir bis zu diesen Momenten nicht so bewusst. Und ehrlich gesagt habe ich auch keine Lust mich mit solchen Fragen auseinanderzusetzen, wenn ich unterwegs bin. Am Ende sind wir alle Touristen, die lieber Reisende genannt werden wollen. Weil „Tourist“ eben eher negativ behaftet sein kann. Ich bin in ein Land gereist, das ich kennen lernen möchte. Die Landschaft, das Essen und die Menschen. Da spielt es für mich keine Rolle, ob ich dann in ein anderes Land weiterreise oder wieder nach Hause fahre oder fliege. Liebe Dauerreisende, interessiert euch bitte für den Menschen und seine Geschichten statt dafür, ob die Person im Urlaub oder „auf Reisen“ ist. Denn vielleicht hat sie trotz eines geregelten Lebens schon viel erlebt und gesehen und kann euch auch einen Tipp für euer nächstes Reiseziel geben.

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