Gibt es Urlaubsziele, die tabu sind?
„Ich wollte immer die Skyline von Hongkong sehen, aber nachdem was da passiert ist, will ich da eigentlich nicht mehr hin.“ sage ich und schaue etwas traurig. „Das verstehe ich schon gut“ sagt mein Gegenüber, „mir würde auch nicht einfallen aktuell nach Russland zu fahren“. Da kann ich nur zustimmend nicken.
Gibt es wirklich Länder, die fürs Reisen tabu sind und die man lieber nicht bereisen sollte? Ist mein politisches Denken hier zu sehr in den Oberhand und nehme ich das vielleicht zu wichtig? Spielt die Politik überhaupt eine Rolle beim Reisen oder sollten wir sie im Urlaub lieber außen vor lassen? Ich versuche das mal abzuwägen.
Menschenrechte als Kriterium für das Urlaubsziel?
Ich denke bei diesen Tabu-Ländern jetzt nicht an Afghanistan oder vielleicht Somalia, in denen so schlimm Krieg und Elend herrscht und eine Sicherheitslage, die touristisches Reisen nicht zulässt. Ich denke an Länder wie China, Saudi Arabien, Russland oder Nordkorea. Oder auch Israel, Myanmar oder den Iran.
In den meisten dieser Länder werden Minderheiten unterdrückt und Menschen diskriminiert. Ist es dann richtig dorthin zu reisen und sich das Land an zu sehen? Es ist noch nicht allzu lange her, da wurde in Katar Fußball gespielt und in der breiten Öffentlichkeit darüber diskutiert, ob man in einem Land mir einer fragwürdigen Einstellung zu Menschenrechten eine weltweite Sportveranstaltung geben darf. Viele von uns waren auch der Meinung, dass man dann ja auch nicht dorthin fliegen könne. Ist das wirklich so? Oder ist das ein wenig eine scheinheilige Diskussion, wenn man bedenkt, dass z.B. Dubai eben sehr wohl auf vielen Wunschlisten für den Urlaub steht.
Steht die Politik über Erolung?
Blenden wir die Politik aus und denken eher ans Erholen und an uns selbst wenn es um die Wahl des Urlaubsziels geht? Wenn ich an meine Reise nach Myanmar denke, so kann ich mit Sicherheit sagen, dass ich heute nach dem Putsch vor einiger Zeit wohl nicht mehr dorthin fliegen würde. So leid es mir für dieses wunderbare Land und die freundlichen Menschen tut. Sie können ja schließlich nichts dafür und sind oft auf die Ausgaben der Touristen angewiesen. Aber ich möchte ein Regime nicht unterstützen, welches seine eigenen Leute umbringt.
Besonders bizarr finde ich die organisierten Trips nach Nordkorea. Fasziniert habe ich vor den Dokus gesessen, die es über diese Reisen gibt. Und doch habe ich mich oft dabei erwischt, dass ich immer wieder den Kopf geschüttelt habe. Da werden die Touristen für eine Außendarstellung einer Diktatur völlig instrumentalisiert. Natürlich, es klingt ziemlich exotisch nach Nordkorea zu fliegen. Wer kann das schon von sich behaupten? Aber ist das wirklich richtig? Nicht ein Dollar aus der Reisekasse wird vermutlich den Menschen dort zugute kommen und niemand wird von Touristen profitieren außer vielleicht der oberen Elite. Mit meinem Gewissen ist das irgendwie nicht vereinbar.
Urlaub an – Kopf aus?
Nordkorea mag ein extremes Beispiel sein. Außerhalb unserer westlichen Demokratieblase ist das Leben nicht immer so einfach und frei. Ich will auch gar nicht mit dem Finger auf jemanden zeigen, der es sich am Strand von Doha gemütlich macht oder an der chinesischen Mauer Fotos macht. Schließlich muss jeder das für sich selbst entscheiden, ob er sich von der politischen Lage seines Urlaubsziels beeinflussen lässt. Vielerorts sind die Touristen ja auch eine Lebensgrundlage und sichern Arbeitsplätze. Und viele Länder haben auch erstaunlich viel Kultur und Natur zu bieten.
Und wir wollen uns ja auch nichts vorschreiben und verbieten lassen. Der Alltag ist schon voller Pflichten und Restriktionen. Da soll der Urlaub doch bitte nicht auch noch dafür da sein über schwerwiegende, politische Themen nachzudenken. Da möchten wir den Kopf lieber ausschalten und uns erholen. Davon kann auch ich mich nicht ganz freimachen.
Aber ich habe nun mal meine Prinzipien und bin froh über alle Freiheiten, die wir in Europa haben. Darum habe ich für mich entschieden, dass es für mich definitiv Länder gibt, die ich nicht (mehr) bereisen werde. Natürlich akzeptiere ich lokale Sitten und Gebräuche, auch wenn ich sie ja für mich persönlich mal hinterfragen darf. Aber die Grenze ist bei mir erreicht, wenn es um Menschenrechte, Diskriminierung und ähnliche Dinge geht. Diese sind mir heute wichtiger als das Fernweh nach exotischen Ländern.
Die Bucket List meiner Urlaubsziele ist noch lang und es gibt noch viele Länder, die sich mit meinem Gewissen vereinbaren lassen. So groß mein Fernweh auch ist, muss ich eben ein paar Länder von der Liste streichen. Das werde ich schon verkraften, denn die Welt ist groß und es gibt trotzdem noch viel zu sehen. Soweit es möglich ist, möchte ich keine Despoten, Diktatoren oder wie auch immer man sie nennen mag, unterstützen. Und meine Hoffnung ist, dass sich ja vieles noch ändern kann und es bald noch mehr Länder gibt, die wieder auf meine Liste der Reiseziele landen.