Ist es richtig trotzdem in den Urlaub zu fahren?
Eine ganze Weile sitze ich nun schon vor dem leeren Blatt. Möchte etwas neues schreiben. Reisetipps, einen Bericht von meinem Kurztrip in die Schweiz neulich oder etwas gedankenlastiges, das auf meiner Festplatte immer im Ordner „Philo“ landet. Aber es ist schwer in diesen Tagen die Seiten zu füllen. Die Gedanken sind der Ukraine, beim Krieg und der Angst vor der Zukunft in Europa. Gedanken, die sonst immer ganz weit weg waren. Und während ich die sozialen Medien durchforste, sehe ich, dass es vielen so geht. Viele beschäftigt die aktuelle Weltlage. Andere machen einfach weiter, um wieder etwas Normalität zu erfahren. Und ich stelle fest, dass mir gerade kaum danach ist fröhlich von Urlauben zu berichten.
Ein erzwungendes Umdenken
Wie „normal“ darf man in diesen Tagen sein und wie viel positives darf man zulassen? Darf ich fröhlich in den Urlaub fahren während die Welt gerade aus den Fugen gerät? Ist Reisen in Kriegszeiten moralisch vertretbar? Viele Fragen bewegen uns in diesen Tagen und kaum jemanden lassen die verstörenden Bilder kalt. Immer wieder lese ich, dass es aktuell wichtig sei sich zwar zu informieren aber auch auf sich selbst zu achten. Nicht ständig die Nachrichten zu aktualisieren und mal abzuschalten. Und realisieren, dass man selbst auch nur wenig ausrichten kann außer sich solidarisch zu zeigen.
Ich habe definitiv irgendwie ein schlechtes Gewissen aktuell unbeschwert zu Verreisen. Aber ich informiere mich weiterhin und versuche meinen Teil beizutragen. Viel mehr kann ich aktuell auch nicht tun. Und das Reisen ist eben auch etwas, was dem Kopf gut tut und hilft abzuschalten. Neue Eindrücke sammeln, ein wenig Abstand vom Alltag bekommen und die eigene Freiheit immer mehr zu schätzen wissen. Das ist ohnehin etwas, was mir bei jeder der letzten Krisen bewusster wird. Wie viel Glück habe ich in diesem Teil der Welt zu wohnen, wo ich als Frau alle Freiheiten habe und als Europäerin friedlich in Wohlstand leben darf.
Wie einfach ist das – zurück zur Normalität?
Und darum ist es wohl auch wichtig sich etwas Leichtigkeit zu bewahren. Trotz allem. Weil das Leben weitergehen muss und wir uns mit der neuen Situation arrangieren müssen. Und natürlich hoffen wir, dass es doch noch zu einer friedlichen Lösung in der Ukraine kommt. Afghanistan, Irak, Syrien, Myanmar – das sind noch mehr aktuelle Krisenherde. Und für viele von uns sind diese Länder einfach viel zu weit weg, als das wir uns bei der Berichterstattung so viele Sorgen gemacht haben wie jetzt. Dort sterben Menschen und wir haben einfach weitergemacht. Denn unser Einfluss auf die Situation ist begrenzt.
Reisen in Kriegszeiten – auf das Bauchgefühl hören
Jeder muss für sich selbst entscheiden wie er mit der Situation umgeht. Wie viel Normalität er zulässt. Der Ratschlag sich nicht verrückt zu machen und sich um sich selbst zu kümmern ist da sicherlich nicht schlecht. Ich möchte mich nicht schlecht fühlen, weil ich mich in ein Flugzeug oder einen Zug setze. Solange ich mich weiter informiere und meine Solidarität zeige, muss eine Reise möglich sein. Das wollen Kriegstreiber und Terroristen doch nur. Dass wir in Angst leben. Aber das haben wir uns in den letzten Jahren nicht nehmen lassen und sollten es auch jetzt nicht tun.
Ich versuche abzuwägen was richtig und was falsch ist. Werde bald wieder meinen Koffer packen und dann ja sehen wie ich mich dabei fühle. Allerdings bin ich noch unschlüssig, ob ich dann davon auch einen neuen Blogpost schreibe. Im Moment sind andere Themen einfach viel wichtiger und denen möchte ich etwas Raum geben. Ich kann jeden verstehe, der sich aktuell nicht mit Reisecontent beschäftigen will. Mit ein bisschen mehr Leichtigkeit in ein paar Tagen versorge ich euch sicherlich auch wieder mit neuem Fernweh. Ich habe da schon die ein oder andere Idee.