Und am Ende wird wieder alles gut
Wenn ich vom Alleinreisen als Frau erzähle, stoße ich in der Regel auf unterschiedliche Reaktionen. Bewunderung, Mitleid, Kopfschütteln. Da ist immer so einiges dabei. Und oftmals folgt dann auch die Frage „Ist das nicht gefährlich?“. Über das Alleinreisen habe ich schon öfter geschrieben. Doch weil immer wieder das Thema Gefahr aufkommt, habe ich mir dazu mal mehr Gedanken gemacht. Welche gefährlichen Erlebnisse hatte ich eigentlich, als ich alleine unterwegs war? Und waren sie gefährlich, weil ich als Frau alleine war?

Die Überschrift dieses Artikels führt euch ehrlich gesagt ein wenig in die Irre, denn wer hier eine Liste mit lebensbedrohlichen Geschichten erwartet, der wird wohl enttäuscht. Denn als ich begann mir über dieses Thema Gedanken zu machen, kam ich schnell zu dem Schluss, dass es tatsächlich keine solche lange Liste gibt. Woran das liegt? Vielleicht habe ich einfach keine Reiseziele rausgesucht, die „gefährlich“ oder „schlimm“ genug waren. Oder ich habe einfach verdammt viel Glück gehabt. Ich denke das zweite ist eher der Fall.
Offensichtlich haben viele ein Bild von einer verletzlichen, wehrlosen Person im Kopf, wenn sie an Frauen denken, die alleine unterwegs sind. Achtung, ihr täuscht euch. Die alleinreisenden Frauen, die ich kenne, sind keinesfalls hilflos und zerbrechlich und können gut auf sich selbst aufpassen (Willkommen im Club der Furchtlosen und neugierigen Organisationstalente). Es ist nun ungefähr 7 Jahre her, dass ich das erste Mal so wirklich alleine losgezogen bin. Und nach all den Jahren muss ich sagen, dass mir tatsächlich wenig schlimmes passiert ist (klopf auf Holz). Aber ein paar Anekdoten fallen mich schon ein.
Das Klo des Grauens
Also, wenn ich es mal genau nehme, dann war der dunkle Verschlag in einer harmlosen Straßenküche in Myanmar auf dem Weg zum Inle Lake sicherlich eines der fiesesten Erlebnisse. Und das ist definitiv mal unabhängig davon, ob ich nun alleine oder mit einem Travelbuddy gereist wäre. Und wenn auf gefühlten 8 Stunden halsbrecherischer Minivanfahrt durchs Niemandsland noch irgendeine andere Möglichkeit für einen Toilettengang gewesen wäre, hätte ich sie sicherlich genutzt. In der Ecke einer ziemlich schäbigen Küche (!) wurde das Toilettenloch im Boden nur durch ein paar Bretter und einen kleinen Draht abgetrennt. Licht gab es keines, es musste sich im Dunkeln erleichtert werden. War wohl auch besser so, schließlich habe ich so nicht viel vom Klo des Grauens sehen müssen.

Handylos
Gott sei Dank ist mir mein Handy noch nicht unterwegs geklaut worden. So oft habe ich schon davon gelesen und in Vietnam bin ich auch schon mal von einer Reiseleiterin darauf hingewiesen wurden die Kamera und das Handy nicht ganz so offen und ungeschützt in der Hand zu halten. Und trotzdem war das Handy plötzlich weg. Mit allen Buchungsbestätigungen, Ausweis- und Kontodaten. „Mein ganzes Leben ist auf diesem Handy“ ging es mir immer wieder durch den Kopf. Allerdings wurde es nicht geklaut, ist habe es verloren. Bin aus einem Auto ausgestiegen, Handy auf dem Schoß und zack lag es unter dem Auto. Gemerkt habe ich es natürlich erst, als es zu spät war. Am Ende des Tages konnte eine Überwachungskamera am betroffenen Laden den Finder ausfindig machen, erkannte ihn und er musste es zurückbringen. Die Daten konnte ich nur zum Teil wieder herstellen, aber wen kümmert das am Ende? Das wichtigste war wieder da, das Handy war zurück und ein riesen Berg an panischen „Was mache ich, wenn…“ Gedanken konnten sich in Luft auflösen. Glück gehabt.

Ohrenbetäubend
Klimaanlagen verfluche ich heute noch oft. Diese eine im Nachtzug von Hanoi nach Cao Lai aber ganz besonders. Denn diese bestimmte Klimaanlage pustete mir die ganzen Nacht ins Gesicht und führte am Ende dazu, dass ich mit einer schlimmen Innenohrentzündung in der vietnamesischen Pampa vor lauter Schmerz nicht mehr schlafen konnte und das erste Mal in einem Krankenhaus im Ausland landete. Aus einer Erkältung heraus entzündete sich mein Ohr ziemlich schlimm und konnte nur durch eine Menge Medikamente wieder hergestellt werden. Fast 10 Tage bangte ich darum, ob ich denn überhaupt wieder zurück nach Hause fliegen könne, aber Gott sei Dank bekam ich am Ende in Saigon das Go. Die Innenohrentzündung hätte ich sicherlich auch bekommen, wenn ich nicht alleine unterwegs gewesen wäre, aber eine tröstende Schulter hat mir in diesem Moment auf jeden Fall gefehlt.
Ankunft ungewiss
Augen auf bei der Wahl der Abfahrtzeit. Und auch der Ankunftszeit. Denn mein Bus (der einzige, der überhaupt nach Da Lat fuhr), kam nachts am Busbahnhof an. Leider hatte ich das anders einkalkuliert und mein Hotelzimmer erst für den nächsten Tag gebucht. Da war mir schon ein bisschen mulmig zumute. Nachts alleine am Bahnhof in Da Lat, Vietnam. Für die Nacht konnte ich natürlich so kurzfristig kein Zimmer mehr buchen, denn Da Lat ist keine Metropole, die niemals schläft. Daher versuchte ich mein Glück bei dem Hotel, bei dem ich die folgende Nacht gebucht hatte. Ich klingelte den Nachtportier raus und erklärte ihm mein Dilemma, dass ich einen Platz zum Schlafen bräuchte. Letztendlich schlief ich im Keller auf einem steinharten Stockbett, das vermutlich für Mitarbeitende gedacht war. Mir war es egal. Ich war von der Straße weg und hatte bis zum nächsten Morgen eine Schlafgelegenheit.


Du bist ein bisschen enttäuscht, dass nicht spektakuläres dabei war? Glaube ich gerne. Wäre ich auch. Aber Du musst es anders sehen. Die Tatsache, dass mir nichts wirklich schlimmes passiert ist, zeigt ja auch, dass das Alleinreisen gar nicht so „gefährlich“ sein muss, wie viele denken. Ich bin weder überfallen worden, noch hat man mich bedrängt (Danke an meine Mutter, die immer eine Kerze für mich anzündet). Das mag auch ein bisschen daran liegen, dass ich natürlich immer gut auf mich aufpasse und mich an ein paar Regeln halte. Aus heutiger Sicht und mit ein bisschen Abstand kann ich natürlich über vieles schmunzeln. Ernsthaft passiert ist nichts und ich bin immer wieder heile nach Hause gekommen. Aber für mich bedeutet es auch, dass man nicht immer vom Schlimmsten ausgehen sollte. Egal ob alleine, oder mit anderen unterwegs, letztendlich kann immer etwas passieren. Oder eben auch nicht.

Das mit der Kerze macht meine Mama auch immer 😀
Ach wie schön. Wenn es denn hilft ist das auch irgendwie eine schöne Geste.
Sarah