Von Stockholm nach Kiruna: ein magischer Morgen in Schwedens Polarzug
Ich habe mich möglichst leise aus meinem Bett im Schlafwagen geschält und bin die schmale Leiter herunter gekrabbelt, um meine Mitreisenden nicht zu wecken. Es ist kurz nach halb sieben morgens und ich stehe ziemlich verknautscht am Fenster des Zugflures und schaue fasziniert nach draußen. Eher zufällig habe ich den Sonnenaufgang erwischt. Eigentlich wollte ich mir nur die Beine vertreten nach dieser Nacht, in der ich kaum geschlafen habe. Aber jetzt stehe ich am Fenster und rausche mit dem Zug durch Lappland.

Eine verschneite Winterlandschaft liegt vor mir: endlose Bäume, weite Ebenen, von Menschen keine Spur. Die aufgehende Sonne taucht alles in ein fantastisches Licht und ich merke sofort, wie sehr es sich im Vergleich zur Abfahrt am Abend zuvor abgekühlt hat. Kurz öffne ich das Fenster und halte die Hand heraus. Schnell ziehe ich sie wieder zuück, als hätte mich jemand gekniffen. Ja,es ist wirklich so kalt wie es aussieht. Die Kälte des Polarkreises, den ich bald überqueren werden, zieht langsam durch die Fenster und Türen und stimmt mich auf den Winterurlaub ein.
Die Tür eines anderen Abteils öffnet sich und ein weiterer Tourist schaut heraus. Als er sieht was ich sehe, bleibt er auch am Fenster stehen und genießt offensichtlich ebenfalls den Blick auf die Landschaft. Ich nehme das Handy, mache Videos und Fotos. Und doch kann die Kamera die magische Stimmung kaum einfangen. Diese unglaublich einsame Landschaft, bedeckt von Wäldern und einer weißen Schneedecke, glitzert im Sonnenlicht und zieht an mir vorbei. Plötzlich springen zwei Elche zur Seite, den Zug haben sie wohl nicht gehört und sich nun gehörig erschrocken. Alles geht so schnell, dass die aus meinem Blickfeld verschwunden sind, kaum dass ich sie registriert habe. Was für ein Glück ich doch habe. Ein wenig geflasht von diesem Moment entscheide ich mich noch ein bisschen hier am Fenster stehen zu bleiben und nicht wieder ins Bett zu krabbeln. Schließlich ist es auch die Natur, wegen der ich hier bin. Und diese Aussicht möchte ich auf keinen Fall verschlafen.
Nach und nach füllen sich die Fensterplätze und einige der Passagiere haben sich zu mir gesellt. Allen geht es wie mir: sie sind fasziniert von der Aussicht und der Stimmung, die sich uns heute morgen bietet. Wir lächeln sich schweigend zu, als hätten wir einen gemeinsamen Pakt beschlossen dieses Zugfernsehen gemeinsam anzusehen und zu genießen. Schwedens Norden hat sich richtig ist Zeug gelegt und bietet uns die besten Aussichten, die man im Winter hier haben kann. Auch eine kleine Gruppe Rentiere zeigt sich plötzlich in einem Waldstück und wie die Elche sind auch sie schnell wieder aus meinem Blickfeld verschwunden. Ich genieße diese Augenblicke heute Morgen und packe sie in meinen Gedanken in mein Glas mit den Marmeladenglasmomenten. Egal wie dieser Urlaub verlaufen wird, die Ausblicke von heute morgen wirken auf jeden Fall noch eine ganze Weile nach.




Mittlerweile habe ich mir meine Strickjacke übergezogen, weil es mir doch etwas kalt geworden ist. Den Polarkreis haben wir in der Zweischenzeit passiert und bald halten wir in Gällivare. Erste richtige Zeichen von Zivilisation zeigen sich dort mal wieder. Nicht lange nachdem wir die Stadt nach einem kurzen Augenthalt hinter uns gelassen haben, ist die unberührte Schneelandschaft wieder zurück. Auch wenn die magische Sonnenaufgangsstimmung nicht mehr da ist, scheint die Sonne unermüdlich auf den Schnee und in den blauen Himmel. Lappland empfängt mich mit einem Traumwetter.
In diesem Flur fehlt definitiv eine Sitzgelegenheit. Das Schlafabteil ist nicht geeignet, damit drei Menschen entspannt von ihren Betten aus raus gucken können, also stehe ich mir hier am Fenster ein bisschen die Beine in den Bauch. Aber diese Aussicht entschädigt mich für die Unannehmlichkeiten. Trotz des Schlafmangels ist mir wieder bewusst geworden, warum ich mich für den Zug entschieden habe. Diese Region lässt sich auf diese Weise wunderbar entdecken, weil ich so während meiner Anreise schon viel von Nordschweden und dem Winter dort sehen kann. So steigt die Vorfreude ganz automatisch.
Daher bleibe ich noch eine Weile stehen und lasse Lappland weiter an mir vorbeiziehen, bis ich so langsam in mein Abteil zurückkehren muss. Der nächste Halt ist Kiruna und ich muss aussteigen. Das Abenteuer Lappland geht weiter.
Tipp: Vor ein paar Jahren habe ich diesen Zug im Sommer genutzt und bin von Gällivare (Lappland) bis nach Stockholm gefahren. Wenn ihr mehr dazu wissen wollt, könnt ihr den Blogbeitrag „Mit dem Nachtzug durch Schweden“ weiterlesen. Hier gibt es ein paar Tipps zur Buchung und Informationen über die Liegewagen und das Thema Nachtzug im Allgemeinen. Dieses Mal habe ich in einem Schlafwagen übernachtet, dieser ist ein wenig komfortabler als der Liegewagen und es ist Platz für maximal 3 Personen.
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Schweden, Lappland, Polarlichter – da kommen ganz viele Erlebnisse und Urlaubsmöglichkeiten zusammen. Sowohl im Sommer als auch im Winter gibt es hier ganz viel zu entdecken:



